Künstliche Intelligenz: Unterstützung und Herausforderung bei CED

KI unterstützen bei der Behandlung von CED

Mit ChatGPT ist sie momentan in aller Munde: Künstliche Intelligenz (KI). Die lernfähigen Computerprogramme gewinnen in der Medizin zunehmend an Bedeutung – so auch in dem Fachbereich der Gastroenterologie.1,2 Indem der KI umfangreiche Daten zur Verfügung gestellt werden, z. B. in Form von Aufnahmen aus Darmspiegelungen, wird sie trainiert, zu erkennen, welche Bilder einer „gesunden“ oder „kranken“ Person zuzuordnen sind. Wenn das Programm genügend Input erhalten hat und entsprechend trainiert ist, kann es selbst eine solche Unterscheidung treffen. So kann KI u. a. bei der Auswertung von medizinischen Bildaufnahmen und somit bei der Diagnosestellung sowie Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) unterstützen. Das kann wiederum die behandelnden Ärzt*innen und das medizinische Personal entlasten und die Patientenversorgung verbessern.2,3

Wie kann KI bei CED unterstützen?

Analyse von umfangreichen Daten

Die genauen Prozesse bei der CED-Entstehung sind noch nicht vollständig verstanden, doch ist bereits bekannt, dass es sich um ein komplexes Zusammenspiel aus Mikrobiom, Umweltfaktoren, Immunsystem und Genetik handelt. Um herauszufinden, welche spezifischen Gene bei der Entwicklung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa beteiligt sind, können mittels KI umfangreiche Datenbanken analysiert werden. Die Gene sind zwar – wie gesagt – nur ein Puzzleteil bei der CED-Entstehung, doch könnte die KI so bei der Vorhersage des Erkrankungsrisikos unterstützen. Auch das Darmmikrobiom spielt bei den Darmerkrankungen eine entscheidende Rolle. Da sich die Zusammensetzung des Mikrobioms bei CED-Patient*innen und Personen ohne Darmerkrankung unterscheidet, könnte die KI-gestützte Analyse von Mikrobiom-Daten zukünftig bei der CED-Diagnosestellung genutzt werden. Auch für die Entwicklung neuer Medikamente kann KI hilfreich sein: Vielfältige und umfangreiche Daten können analysiert werden, um so zum einen neue Ansatzpunkte für Medikamente zu finden und zum anderen innovative Wirkstoffkandidaten zu identifizieren.1

Hilfestellung bei der Darmspiegelung 

Die KI kann Gastroenterolog*innen während einer Darmspiegelung in Echtzeit dabei unterstützen, die Krankheits- bzw. Entzündungsanzeichen in der Darmschleimhaut zu erkennen. Wie eingangs erwähnt, gleicht sie dafür die Bilder mit einer großen Datenbank ab und bietet so eine Hilfestellung bei der Diagnose und Nachsorge von CED. Doch nicht nur das – auch bei der Darmkrebsvorsorge kann die KI eine wichtige Rolle spielen.1 Da eine lange CED-Krankheitsgeschichte ein Risikofaktor für Darmkrebs ist, sollten bei Patient*innen regelmäßig Darmspiegelungen als Vorsorgeuntersuchung vorgenommen werden.4,5 Hierbei können Darmpolypen – Vorwölbungen der Darmschleimhaut – frühzeitig entdeckt und entfernt werden, bevor sie sich womöglich zu Darmkrebs weiterentwickeln.1,6 Die Herausforderung für die Gastroenterolog*innen, die eine entsprechende Darmspiegelung im Rahmen der Krebsvorsorge durchführen, ist es hierbei, auch sehr kleine Polypen zu erkennen. Dabei ist die KI dem menschlichen Auge deutlich überlegen und kann die Ärzt*innen auf Auffälligkeiten aufmerksam machen.1,6,7 Auch im Rahmen einer Videokapselendoskopie, bei welcher der Dünndarm von Morbus Crohn-Betroffenen auf Aktivität, Ausdehnung sowie Grad der Darmentzündungen untersucht wird, kann auf die Hilfe von KI zurückgegriffen werden. Wie die Bezeichnung bereits verrät, schlucken die Patient*innen hierbei eine kleine Videokapsel, die beim Durchqueren des Verdauungstraktes Bilder macht. Die Auswertung nimmt viel Zeit in Anspruch, zudem müssen die Ärzt*innen dabei durchgängig sehr aufmerksam sein, um keine Auffälligkeit zu übersehen. Hier kann die KI ins Spiel kommen: Sie wählt auffällige Bilder aus, die im Nachgang zwar von den Ärzt*innen beurteilt werden, doch bedeutet diese Vorauswahl enorme Zeitersparnis.1

Unter Berücksichtigung patientenindividueller Faktoren soll es mittels KI ermöglicht werden, eine Vorhersage über den Verlauf sowie Schweregrad der Erkrankung, die Wahrscheinlichkeit für einen Krankheitsschub oder das Risiko für einen Rückfall treffen zu können – um so eine passende Behandlungsstrategie für die Patient*innen zu wählen. Zu diesem Zweck kann die KI mit klinischen Daten aus elektronischen Krankenakten gefüttert werden – d. h. Faktoren wie demografische Daten, Labortests oder Endoskopieergebnisse.1

Werden zukünftig Ärzt*innen durch Computer ersetzt?

Die KI kann zwar u. a. bei der Diagnosestellung unterstützen und Therapieempfehlungen aussprechen. Doch muss dies immer von Ärzt*innen überprüft werden – deine behandelnden Gastroenterolog*innen werden also auch zukünftig die finalen Entscheidungen im Rahmen der Diagnose, Planung, Durchführung sowie Überwachung deiner CED-Behandlung treffen.3,8 Denn auch deine Lebenssituation, Bedürfnisse und Präferenzen müssen in all diesen Entscheidungen mitberücksichtigt werden, was eine KI bislang nicht kann. Dass die einzelnen ärztlichen Handlungsbereiche zunehmend von einer KI unterstützt werden können, macht zukünftig die Gespräche zwischen Patient*innen und Behandlungsteam vermutlich noch wichtiger: Die Patient*innen müssen noch detaillierter über alle Diagnose- und Behandlungsschritte aufgeklärt werden, damit sie ihr Vertrauen nicht verlieren. Dadurch werden die Ärzt*innen mehr in die Kommunikation investieren müssen – und gleichzeitig auch können, da sie durch die KI-Unterstützung an anderen Stellen Zeitersparnisse haben werden.8 In unserem Beitrag Austausch auf Augenhöhe – Die Bedeutung von Kommunikation in der CED-Behandlung erfährst du mehr über die wichtige Rolle, die Patientengespräche bereits heute haben. Für die Gespräche mit deinen behandelnden Gastroenterolog*innen kann es hilfreich sein, wenn du dir offene Fragen im Vorhinein notierst und so gut vorbereitet zu den Terminen gehen kannst.