CED an Bord – Reisen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen
Schon Wilhelm Busch wusste:
„Drum o Mensch sei weise, pack die Koffer und verreise“.
Klingt ziemlich einfach. Und das ist es mit einer guten Vorbereitung auch – #trotzCED. Was bei der Urlaubsplanung mit chronischen Darmerkrankungen berücksichtigt werden sollte sowie hilfreiche Links und Checklisten zum Reisen bietet dir dieser Artikel.
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Reiseimpfungen bei chronischen Darmentzündungen
Abhängig von Reiseziel und -zeit sollte sehr frühzeitig an eventuell erforderliche Reiseimpfungen gedacht werden. Diese können auch nur erfolgen, wenn der Gesundheitszustand es zulässt. Die aktuellen Impfempfehlungen bzw. Impfanweisungen sowie reisemedizinischen Hinweise für Auslandsreisen gibt es auf der Homepage des Auswärtigen Amtes. Impfberatungen sind in den Gesundheitsämtern und bei Tropenmedizinern möglich. Daneben sollte der Hausarzt kontrollieren, ob alle Standardimpfungen (z. B. Tetanus), die das Robert Koch-Institut empfiehlt, aktuell sind. Sind Auffrischimpfungen notwendig, muss individuell geklärt werden, ob sie möglich sind. Totimpfstoffe, wie z. B. gegen Hepatitis A, sind normalerweise unproblematisch für Menschen mit Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn.1 Lebendimpfstoffe dagegen sollten nicht während und drei Monate nach einer immunsupprimierten Therapie gegeben werden.2 Durch die erhöhte Infektionsanfälligkeit sollte für Reisen in gefährdete Gebiete das Thema Tuberkulose besprochen werden. Weitere Informationen zum Impfen gibt es auch hier.
Medikamente müssen mit
Wichtig ist auch, sich vom behandelnden Arzt genügend Medikamente bzw. Verbrauchsmaterial verschreiben zu lassen, um für die Urlaubszeit abgesichert zu sein. Bei einigen Medikamenten ist es erforderlich, dass der Arzt vor Reiseantritt ein Attest über die Notwendigkeit der mitzuführenden Medikamente und des Zubehörs (Pens, Spritzen) ausstellt – mindestens in Deutsch, Englisch und möglichst auch in der jeweiligen Landessprache. Besondere transporttechnische Maßnahmen, wie eine kontinuierliche Kühlung, sollten auch im Attest vermerkt werden. Für Stomaträger gibt es einen internationalen Stomapass, der über den jeweiligen Hersteller bezogen werden kann.
Bei der Mitnahme von Medikamenten und Zubehör ist gerade bei Flugreisen einiges zu beachten. Beispielsweise sollten Stomaträger vor Flugantritt ihren Beutel entleeren, der durch den Unterdruck während des Fluges platzen kann. Bestimmte CED-Medikamente sollten in einer Kühltasche im Handgepäck gelagert werden, da die zu geringen Temperaturen im Frachtraum sie unbrauchbar machen können. Sprich bei längeren Reisen das Bordpersonal darauf an, ob die Medikamente eventuell im Bordkühlschrank aufbewahrt werden dürfen.5
Kommt es durch die Reise zu einer größeren Zeitverschiebung, hilft es, schon einige Tage vor Reiseantritt den Biorhythmus auf die andere Zeitzone einzustimmen. Bei vielen CED-Medikamenten spielt die genaue Uhrzeit der Einnahme keine Rolle. Daher kann bei einer Zeitverschiebung von wenigen Stunden der Zeitraum zwischen den Medikamenteneinnahmen verkürzt werden, um sich so auf die Zeit des Urlaubsortes einzustellen. Werden Kortison-Präparate benötigt, sollten diese aber immer morgens zur gleichen Uhrzeit – dann angepasst, an die des Urlaubsortes – verabreicht werden.
Reise-Apotheke bei chronischen Darmerkrankungen
Bei der Zusammenstellung der Reiseapotheke sollten die speziellen Bedürfnisse von CED-Patienten berücksichtigt werden. Einen guten Anhaltspunkt bietet die folgende Checkliste, die zum Download bereitsteht.
- Verbandsmaterial, Pflaster, Fieberthermometer
- Medikamente gegen Durchfall und Erbrechen
- Einweg-Toilettensitz-Auflagen (z. B. im Drogeriemarkt)
- Medikamente gegen Schmerzen und Fieber
- Breitbandantibiotikum für akute Fälle (ggf. auf grünem Rezept)
- Salbe bzw. Gel für allergische Reaktionen, Insektenstiche und Sonnenbrand
Da einige CED-Medikamente die Lichtempfindlichkeit erhöhen können, ist gerade hier ein ausreichender Sonnenschutz unabdingbar. Noch mehr Informationen dazu gibt es hier.
Ernährung mit CED in fremden Ländern – die Gos und No-Gos
Um Magen-Darm-Infektionen oder Durchfällen vorzubeugen, sollten bei Fernreisen bzw. Reisen in Länder mit niedrigeren Hygienestandards besonders bei Nahrungsmitteln auf die Hygiene geachtet werden.6 Die einfache Regel lautet „Koch es, schäl es oder vergiss es!“ Außerdem gelten folgende No-Gos:
- Lauwarme oder rohe Speisen
- Kein Sushi und Tiramisu, Rohmilch und Produkte, die rohes Fleisch enthalten (z. B. Salami)
- Kein rohes, ungeschältes Obst und Gemüse sowie Salate
- Buffets
Besondere Hygiene ist auch beim Gebrauch von Wasser zu beachten:
- Auf Speiseeis und Eiswürfel (Keimbelastung) verzichten
- Wasser und andere Getränke nur aus original verschlossenen Flaschen trinken
- Nicht mit Leitungswasser Zähne putzen
Ein Schub im Urlaub
Damit man die Reise und ihre positiven Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche besonders genießen kann, sollte sie am besten in die Remission gelegt werden. Trotzdem befürchten viele Menschen mit CED, während der Reise durch den Stress oder Infektionen, einen Schub zu erleiden. Eine neuere Studie belegt, dass Reisen in höhere Regionen über 2000 m und Flüge tatsächlich das Risiko erhöhen, vier Wochen nach der Reise einen CED-Schub zu haben. Der Grund dafür kann der Sauerstoffmangel sein, der wiederum entzündliche Reaktionen begünstigt.3,4
Tritt dennoch ein Schub im Urlaub auf, sollte die Medikamentendosis nicht eigenmächtig erhöht werden. Dieser Fall sollte schon vor Reiseantritt mit dem Gastroenterologen durchgesprochen und das weitere Vorgehen geklärt werden. Es ist ratsam, die Telefonnummer bzw. Mailadresse des behandelnden Arztes bei sich zu führen, um ihn im Notfall kontaktieren zu können. Auch Adressen von Ärzten am Reiseziel sollten vorab recherchiert werden.
Tipp: Um schnell zum nächsten „Stillen Örtchen“ zu gelangen, helfen Toilettenfinder-Apps weltweit bei der Suche.
Welche Versicherungen sind notwendig?
Europaweit können gesetzlich Krankenversicherte mit der Europäischen Krankenversicherungskarte EHIC (European Health Insurance Card) ambulante und stationäre medizinische Leistungen erhalten. Wer in Deutschland gesetzlich versichert ist, muss sie nicht extra beantragen, sie ist auf der Rückseite der Versichertenkarte aufgedruckt. Die EHIC gilt in der EU sowie in Island, Kroatien, Liechtenstein, Mazedonien, Norwegen, der Schweiz und Serbien.5
Da akute Schübe bei Darmerkrankung meist unerwartet auftreten, kann es sinnvoll sein, im Vorfeld eine Reiserücktrittversicherung abzuschließen, um z. B. die Stornokosten für Flug und Hotel ersetzt zu bekommen. Das Gleiche gilt für eine Reiseabbruchversicherung, die dies während einer Reise abdeckt. Zu überlegen ist auch eine zusätzliche Auslandsreisekrankenversicherung, z. B. für einen medizinisch notwendigen Rücktransport aus dem Reiseland, wobei das Leistungsspektrum im Vorfeld geklärt werden sollte.
Nach dem Urlaub
Menschen mit CED, die länger als einen Monat in ein moderat oder hoch endemisches Gebiet fahren, sollten sich auf latente Tuberkulose untersuchen lassen und diese Untersuchung 8-10 Wochen nach Rückkehr wiederholen. Bei Reiserückkehrer mit Durchfall sollten mittels Stuhlprobe und Blutbild geklärt werden, ob z. B. bakterielle Infektionen vorliegen.6
Urlaubsfreude teilen
Möchtest Du deine Erfahrungen mit anderen CED-Betroffenen teilen? Dann sende uns deinen Reisebericht an info@ced-trotzdem-ich.de.
Weiterführende Informationen zum Thema Reisen bietet zudem die von uns unabhängige Seite www.ibdpassport.com.
Chaudrey et al., Updates in vaccination: recommendations for adult inflammatory bowel disease patients; World J Gastroenterol 2015 March 21; 21(11): 3184-3196
Dignass A et al. Aktualisierte Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Colitis ulcerosa 2011 – Ergebnisse einer evidenzbasierten Konsensuskonferenz. Z Gastroenterol 2011; 49: 1276–13
Vavricka et al., High altitude journeys and flights are associated with an increased risk of flares in IBD patients; Journal of Crohn’s and Colitis 2014;8:191-199
Vavricka et al., Influence of hypoxia on healthy volunteers and patients with inflammatory bowel disease; ECCO-congress 2016;P676
https://www.krankenkassen.de/ausland/Europaeische-Krankenversicherungskarte/ (letzter Zugriff: 14.6.17)
Rahier et al., Second European evidence-based consensus on the prevention, diagnosis and management of opportunistic infections in inflammatory bowel disease; ECCO Statement OI 8E-8F; J Crohns Colitis; 2014:8(6):443-468