CED im Wandel
Betroffene von Morbus Crohn (MC) oder Colitis ulcerosa (CU) werden mit ihrer Erkrankung alt: Typischerweise treten die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) erstmals zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr auf und begleiten die Patient*innen als chronische Erkrankungen fortlaufend.1 Die Erstdiagnose kann jedoch auch in einem höheren Lebensalter gestellt werden2 – erfahre mehr in unserem Artikel CED kennt kein Alter. Ein*e 60-jährige*r CED-Patient*in kann z. B. die Erstdiagnose bereits mit Anfang 20 erhalten haben. In den 40 Jahren seit der Diagnosestellung durchlief die*der Betroffene womöglich verschiedene Therapieansätze und -formen: Einst gut ansprechende Therapien können in ihrer Wirkung nachgelassen und so den Wechsel auf andere Therapieoptionen notwendig gemacht haben.3 Zudem können mit steigendem Alter andere Erkrankungen hinzugekommen sein, die das Risiko für Medikamentennebenwirkungen erhöhen.2 Auch der Stand der Medizin hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt: Das Verständnis der CED konnte verbessert, innovative Therapieoptionen entwickelt und Therapieziele neu definiert werden.4,5,6
CED im Laufe der Zeit
Noch bevor es das Konzept „Krankheit“ gab, wurden bei verschiedenen historischen Personen die Symptome einer CED beschrieben, z. B. litt König Alfred (849-900) – auch bekannt als England’s Darling oder Alfred der Große – unter Beschwerden, die aus heutiger Sicht auf MC hindeuten.7,8 Die Ursachen der körperlichen Beschwerden blieben lange unklar – noch bis ins 17. Jahrhundert war z. B. Hexerei eine gängige Erklärung. Die zunehmenden Errungenschaften in der Diagnostik bzw. Medizin ermöglichten es nach und nach, Erkrankungen besser zu verstehen. So konnten durch Autopsien erste Erkenntnisse über die Darmkrankheiten gewonnen werden: Im Darm Verstorbener wurden u. a. Geschwüre und verdickte Darmabschnitte beobachtet.7 Auch Gewebeproben Erkrankter gaben Aufschluss: Der Arzt Burrill B. Crohn entdeckte z. B. dank solcher Biopsien die später nach ihm benannte Darmerkrankung Morbus Crohn. 1932 veröffentlichte er mit seinen Kollegen eine detaillierte Beschreibung der schubweise verlaufenden Darmentzündung.9
Über die Zeit gab es verschiedene Annahmen, wodurch eine CED ausgelöst werden könnte: Verdächtigt wurden u. a. ein bestimmtes Bakterium oder Verletzungen des Darms durch äußere Einwirkungen, z. B. bei einem Autounfall. Zwar wurde die familiäre Häufung der Darmerkrankungen bereits früh beobachtet, doch stand auch hier ein unbekannter Infektionserreger unter Verdacht, der innerhalb der Familie übertragen wird.7 Noch heute ist die genaue Entstehung von CED nicht komplett verstanden – es handelt sich wohl um eine Kombination aus Genetik, Mikrobiom, Immunsystem und Umweltfaktoren.10 Mehr über verschiedene Umweltfaktoren, die mit der Entstehung einer CED in Zusammenhang gebracht werden können, erfährst du in unserem Artikel Von Stadtleben bis Tee-Konsum – die (un-)erwarteten möglichen Einflussfaktoren bei CED.
Entwicklung der Therapieoptionen & -ziele
Die Optionen für die CED-Behandlung haben sich stark verändert – insbesondere in den letzten 20 Jahren.11 Zu bereits vorhandenen Therapiemöglichkeiten (z. B. Aminosalizylate, Kortikosteroide und Immunmodulatoren) kamen sogenannte Biologika hinzu – hierunter zählen u. a. Zytokin-Blocker, TNF-a-Antagonisten und Integrin-Hemmer. Die Einführung von Biologika erweiterte die zur Verfügung stehenden CED-Behandlungsoptionen und für viele Patient*innen stellen sie effiziente Therapieoptionen dar. Doch sprechen bis zu 30 % der Patient*innen nicht auf die initiale Biologika-Behandlung an und in ca. 50 % lässt der Behandlungseffekt über die Zeit nach.3,11 Zudem werden Biologika bei älteren CED-Patient*innen noch tendenziell selten eingesetzt – Gastroenterolog*innen sind bei den betagten Betroffenen häufig verunsichert. Bei dieser Patient*innengruppe kommen oftmals andere Erkrankungen hinzu, die bei der Therapiewahl berücksichtigt werden müssen.2 Obwohl es bereits viele effiziente Therapiemöglichkeiten gibt, sind weitere innovative Therapien also noch immer notwendig, um alle Patient*innengruppen optimal behandeln zu können. Daher solltest du stets über innovative Therapien informiert bleiben, auch wenn du bereits seit einigen Jahren mit deiner CED-Diagnose lebst und einen für dich passenden Umgang im Alltag mit der Erkrankung gefunden hast. Welche Schritte ein neuer Wirkstoff durchlaufen muss, bis er als Medikament zugelassen wird, erläutert unser Artikel Von der Forschung bis zum Medikament.
Der Fortschritt von CED-Behandlungsoptionen ermöglichte es in den letzten Jahrzehnten, neue Therapieziele zu definieren: Stand zunächst die Linderung der Symptome im Vordergrund einer CED-Therapie, soll nun eine langfristige (steroidfreie) Remission erreicht werden – also ein Zustand mit nachlassenden Beschwerden. Zudem spielt heute die Heilung der Darmschleimhaut eine zentrale Rolle und auch die Lebensqualität der Patient*innen steht im Fokus.4,5,12 Gemäß dem Konzept der Adhärenz werden Betroffene als aktive Partner*innen in der Behandlung verstanden, deren Zustimmung für therapeutische Entscheidungen notwendig ist.13 Sprich daher mit deinem*r Gastroenterolog*in offen über deine Bedürfnisse und Wünsche.
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