„Ich werde stark sein“ – von der Selbstfürsorge zum gemeinnützigen Verein
Nach rund sieben Jahren steht im Spätsommer 2012 die Diagnose Morbus Crohn fest. Das ist zwar nicht unbedingt das, was sich Eva Maria Tappe erhofft hat, aber immerhin endlich eine fixe Diagnose. Und eine fixe Diagnose bedeutete für Eva auch automatisch Therapie und Medikation und endlich Schluss mit der Rumtesterei. Dass dieser scheuklappenartige Blick auf eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) eventuell zu kurz greift, merkt Eva nach weiteren sechs Monaten, als sie zusammenbricht und ihren Umgang mit der Erkrankung grundlegend überdenken muss. Ihr Leben hat sie daraufhin komplett neu sortiert. Im Interview erzählt sie uns, wie sie gelernt hat mit der neuen Situation umzugehen und inwiefern dies auch der Beginn eines reflektierteren Lebens wurde, in dem Selbstfürsorge und Motivation anderer die zentralen Dreh- und Angelpunkte sind.
Wie Phoenix aus der Asche
Reset. Das war Evas Antwort auf den Zusammenbruch. Als sie erkannte, dass ihr Leben nicht einfach wie früher weiter funktionieren würde, hat sie sich für acht Monate rausgezogen, sich Hilfe gesucht und aktiv mit der chronischen Erkrankung auseinandergesetzt. Das war auch die Zeit, in der sie angefangen hat, ihre eigenen Überlegungen in dem Blog evalescam zusammenzufassen. Frei aus dem Lateinischen übersetzt, bedeutet es „ich werde stark sein“. Ein Leitspruch, der Eva seitdem begleitet. Je mehr sie schrieb, desto intensiver wurde auch der Austausch mit anderen Betroffenen. Sie sah, dass sie sich nicht allein damit auseinadersetzen musste, was die Diagnose für sie persönlich bedeutete und wie es nun weitergehen würde. Mit einem Schlag hatte sich alles geändert. Und sie musste nicht nur ihre Perspektive, sondern auch ihre Präferenzen neu einordnen. „Der Fokus verschiebt sich einfach,“ so Eva.
Lernen chronisch glücklich zu leben
Rückblickend waren es vor allem die ersten 2 ½ „beschissenen Jahre“ – so Eva – in denen sie mitunter Warnsignale übersah und in denen schwere Schübe sie beutelten, die in ihr den Wunsch wachsen ließen, anderen diese Erfahrungen zu ersparen und sie von Anfang an auf dem Weg zu einer eigenen Strategie im Umgang mit der Erkrankung zu unterstützen. Dazu gehört auch, den achtsamen Umgang mit sich selbst neu zu definieren und den Mut auch bei Rückschlägen nicht zu verlieren. Mit der Gründung des Vereins CHRONISCH GLÜCKLICH e.V. manifestierte Eva den Wunsch, die Lebensqualität von Betroffenen positiv zu beeinflussen. Erste Projekte wie der Podcast oder Veranstaltungen vor Ort sollten neben der reinen Informationsweitergabe vor allem auch den Erfahrungsaustausch unterstützen sowie Anregungen und Motivation für Betroffene bieten. Mit dem deutschlandweiten Mentorenprogramm konzentriert sich diese Idee noch weiter: Frischdiagnostizierte sollen aktiv Hilfestellung für einen achtsamen Umgang mit einer CED erhalten.
Eva beschreibt diesen Weg als Reise hin zur neuen Stärke. Und das ist es auch, was sie anderen Betroffenen mitgeben möchte. Chronisch glücklich bedeutet dabei ein reflektierter Umgang mit der Erkrankung. Und eine Reise, die man am besten nicht alleine antritt, sondern bei der man auf die Unterstützung anderer Betroffener vertrauen kann. Und genau diese Aspekte versucht sie auch allen anderen Betroffenen mitzugeben: „Durch die erzwungene Auseinandersetzung mit mir selbst – aufgrund der Erkrankung – habe ich ein Stück weit auch das Gefühl, ein erfüllteres Leben zu führen, als ich es vielleicht davor getan hätte.“