Shared Decision Making – mehr Eigenverantwortung in der CED-Therapie
Im zweiten Teil unserer Serie zum Online-Seminar „Flexibel im Alltag #TrotzCED“ geht es um das Thema „Shared Decision Making“ – aber was ist das überhaupt? Im klinischen Kontext ist das Shared Decision Making (SDM) ein Modell zur Entscheidungsfindung im Rahmen der medizinischen Behandlung. Hierbei tauschen Arzt und Patient aktiv Informationen miteinander aus, diskutieren die Behandlungsoptionen und fällen dann eine gemeinsame Entscheidung zum Therapievorgehen. Das SDM hilft also dabei, auf die individuellen Präferenzen, Bedürfnisse und Werte von Patienten einzugehen.
Das Modell des SDM wurde in den letzten Jahren verstärkt untersucht und Studien zeigen, dass die aktive Einbindung von Patienten in die Therapieentscheidung erkennbare Vorteile in der Behandlung mit sich bringen kann: Patienten berichten über eine größere Zufriedenheit und positivere Einstellung gegenüber ihrer Erkrankung und Therapie, wenn SDM von ihren behandelnden Ärzten angewendet wird. Außerdem sorgen und fürchten sie sich weniger vor anstehenden Herausforderungen, die bestimmte Therapien mit sich bringen können. Der positive Einfluss auf die Therapieakzeptanz und -treue (Adhärenz) wiederum kann zu einer verbesserten Lebensqualität und dadurch zu einem gesteigerten Wohlbefinden der Patienten führen. Diese Effekte zeigten sich auch in Studien mit Betroffenen einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED).
Von seinen Erfahrungen im Umgang mit SDM berichtete in unserem Online-Seminar auch der Gastroenterologe Dr. Lars Fechner. In seinem Praxisalltag bemerkt er dabei insbesondere die erhöhte Therapietreue (mehr zum Thema Adhärenz findest du in Teil 1 dieser Serie.
SDM – und vor allem die erfolgreiche Umsetzung sowie Vorraussetzungen – haben die Referenten im Online-Seminar besprochen. Sie kamen dabei zu dem Schluss, dass viel vom Patienten selbst abhängt. Dr. Lars Fechner betonte, dass vor allem die persönliche, individuelle Einstellung des Patienten wichtig für die Entscheidungsfindung ist. Dabei verdeutlichte er anhand eines Leitfadens verschiedene Themen, die Betroffene beleuchten sollten, um ihren persönlichen Standpunkt zu finden. Hierzu zählen die eigene Rolle innerhalb der Therapie, die benötigten Informationen zu den verschiedenen Behandlungsoptionen oder auch die Frage, inwiefern der Betroffene allein oder unter Einbeziehung von Familie oder Freunde am Entscheidungsprozess teilnehmen möchte.
Wie die Bezeichung „Shared“ Decision Making bereits ahnen lässt, gibt es Aspekte, die das gesamte Therapiegefüge – also Arzt und / oder anderes behandelndes medizinisches Personal wie CED-Nurse – betreffen. Erfahrungsgemäß präferiert Dr. Lars Fechner es, alle grundlegenden Entscheidungen in der CED-Therapie gemeinsam innerhalb des Gefüges zu treffen. Unter Berücksichtigung der Wünsche und Bedürfnisse des Betroffenen und unter Abwägung aller Vor- und Nachteile betrifft das sowohl die Wahl potentieller Medikamente als auch deren Gabeform (sofern eine Auswahl verfügbar ist).
Im Online-Seminar wurde darüber hinaus eine kontinuierliche Kommunikation sowie Evaluation der Entscheidungen und Schritte mit dem gesamten Behandlungsteam als ein weiterer zentraler Baustein für eine funktionierende SDM thematisiert. Kascha, Betroffene und Bloggerin, bringt auf den Punkt: „Es steht und fällt letztendlich mit der Kommunikation.“ Für sie ist es insbesondere wichtig, dass neben den gemeinsamen Entscheidungen auch eine weiterführende Unterstützung durch Arzt und CED-Nurse angeboten wird. Sie plädiert dafür, dem Patienten ganz offen und direkt die mit jedem Behandlungsschritt verbundenen Pflichten aber auch Möglichkeiten aufzuzeigen.
Shared Decision Making eröffnet viele Vorteile in der CED-Therapie und fordert zugleich ein hohes Maß an Einsatz des gesamten Therapiegefüges. Um ein funktionierendes System zu etablieren bedarf es gemeinsamem Engagement. „Es ist nicht ganz so einfach und kein Gespräch was man eben mal führt. Die Entscheidung muss fortwährend evaluiert und angepasst werden, auch im Voraus ist Vieles zu klären,“ fasst Dr. Lars Fechner zusammen.