Leberwerte und Lebererkrankungen bei CED

Die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU) können sich nicht nur durch die typischen Magen-Darm-Beschwerden bemerkbar machen. Auch Symptome außerhalb des Verdauungssystems – sogenannte extraintestinale Manifestationen (EIM) – treten häufig auf. So berichtet ca. jede*r zweite*r CED-Betroffene*r von mindestens einer EIM, wobei oft die Gelenke, die Lunge oder das Herz betroffen sind.1,2 In unserem Beitrag Kardiovaskuläres Risiko: Wenn die CED ans Herz geht erfährst du mehr über das Thema Herz und CED. Einen genaueren Blick möchten wir nun auf die Leber und Gallenblase werfen, denn auch diese Organe können von einer EIM betroffen sein.

Häufige Lebererkrankungen bei CED

Auch wenn oftmals keine Beschwerden vorliegen, zeigen sich bei 30 % der CED-Patient*innen auffällige Leberwerte. Doch keine Sorge, diese Auffälligkeiten müssen nicht zwangsläufig zu einer Lebererkrankung führen – lediglich 5 % entwickeln eine chronische Erkrankung.2 Allerdings sollte deine Gastroenterologin bzw. dein Gastroenterologe aufgrund des bestehenden Risikos stets auf deine Leberwerte achten, um ggf. frühzeitig eingreifen zu können. Denn deine CED und eine mögliche Lebererkrankung können sich gegenseitig negativ beeinflussen und u. a. dazu führen, dass Komplikationen häufiger auftreten.3

Zu den Lebererkrankungen, die als EIM bei CED-Betroffenen auftreten können, zählt z. B. die sogenannte primär sklerosierende Cholangitis – kurz PSC. Von dieser chronischen Gallenwegserkrankung sind bis zu 8 % der CU- und bis zu 3 % der MC-Patient*innen betroffen.2 Im Regelfall schreitet die PSC nur langsam voran, doch engen die Entzündungen die Gallenwege mit zunehmender Erkrankungsdauer immer mehr ein. Dadurch staut sich Gallenflüssigkeit in der Leber, was wiederum dazu führt, dass die Leberzellen nach und nach absterben – man spricht von einer Leberzirrhose. Zu Erkrankungsbeginn haben Betroffene keine Beschwerden, weshalb die PSC häufig allein durch auffällige Leberwerte bemerkt wird. Mit dem Fortschritt können jedoch Symptome wie Gelbsucht, Bauchschmerzen oder Juckreiz auftreten.4 

Eine weitere EIM ist die Fettleber: Fast 40 % der CED-Patient*innen sind von einer nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung betroffen. Hierbei lagern sich Fette in die Leberzellen ein, was im weiteren Verlauf zu einer Entzündung oder Leberzirrhose führen könnte. Diese Schädigung der Leber rührt jedoch nicht von einem hohen Alkoholkonsum her – bei CED-Patient*innen erhöhen u. a. Dünndarmoperationen, parenterale Ernährung oder die Einnahme hoher Dosen von Steroiden das Risiko einer Fettleber.2 Weitere Gründe, weshalb du eine langfristige Einnahme von Steroiden vermeiden solltest, erläutern wir in unserem Artikel Steroidabhängigkeit: Wann aus eine, kurzen Vor- ein langer Nachteil wird

Des Weiteren neigen insbesondere MC-Patient*innen zur Bildung von Gallensteinen – sicherlich hast du schon einmal etwas von den kleinen Klümpchen gehört, die sich aus der Flüssigkeit in der Gallenblase bilden können.2 Diese Gallensteine können zu Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Übelkeit führen und treten bei MC-Patient*innen mit einer bis zu fünfmal höheren Wahrscheinlichkeit auf als in der Allgemeinbevölkerung.5

Die Verbindung von CED und Lebererkrankungen

Der Darm und die Leber sind eng miteinander vernetzt und bilden zusammen die sogenannte Darm-Leber-Achse. Und das aus gutem Grund: Während das Verdauungssystem die Nahrung aufnimmt und verstoffwechselt, ist es Aufgabe der Leber, zugeführte Schadstoffe abzubauen und so für eine „Entgiftung“ zu sorgen.6 Weshalb Lebererkrankungen jedoch bei CED-Betroffenen gehäuft auftreten, ist noch nicht ganz verstanden. Hier sind verschiedene Gründe möglich.

Zum einen liegen der CED und einigen Lebererkrankungen ähnliche Entstehungsmechanismen zugrunde, so spielt z. B. das Immunsystem sowohl bei den chronischen Entzündungen der CED als auch der PSC eine Rolle. Auch eine Malapsorption – also die mangelhafte Aufnahme von Nahrungsbestandteilen aufgrund der Darmschädigung durch die CED – könnte das Auftreten der Lebererkrankungen begünstigen. Mit einer solchen Malapsorption steht u. a. die Bildung von Gallensteinen im Zusammenhang.2 Des Weiteren können CED-Medikamente die Ursache für die Leberschäden sein:5 Für die CED-Behandlung stehen verschiedene Optionen zur Verfügung – z. B. Immunsuppressiva, Biologika, JAK-Inhibitoren, Aminosalizylate oder Steroide.7 In diesen Medikamenten können lebertoxische Substanzen enthalten sein – also Bestandteile, die giftig für die Leberzellen sind. Doch keine Sorge: Sollte ein solcher Effekt im Zusammenhang mit einem CED-Medikament bei dir beobachtet werden, kann sich deine Leber nach dem Absetzen des Medikaments wieder erholen.

Generell ist das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen bei der CED-Behandlung gering.5 Doch aufgrund der beschriebenen Lebererkrankungen, die mit einer CED im Zusammenhang stehen, sollten deine behandelnden Ärzt*innen deine Leberwerte routinemäßig überprüfen. So können mögliche Schädigungen frühzeitig erkannt und behandelt werden.

EXA/DE/ENTY/0957

Sportlich #TrotzCED? – Wie körperliche Bewegung sich positiv auf die Lebensqualität auswirkt

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt 150 Minuten moderaten Sport pro Woche. Doch würde diese Regel auch für CED-Betroffene gelten? Bislang gibt es keine einheitliche Empfehlung. Vieles
spricht aber dafür, dass Sport eine positive Auswirkung auf das körperliche sowie mentale Wohlbefinden
haben kann.1 Wir wollten mehr darüber erfahren und haben mit André Vieth, Kraftsporttrainer und CEDBetroffener,
gesprochen, um nach seinen Erfahrungen und seinem Leben mit Sport #TrotzCED zu fragen.

„CED – Nicht nur ein Fall für den Gastroenterologen“ – Tipps von der Spezialistin (Teil 2)

Frau Prof. Julia Seiderer-Nack, Internistin aus München, geht im nachfolgenden 2. Teil unserer kleinen Interview-Serie auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Zusammenhang mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), wie Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU), sowie auf das Thema Impfen ein.

„Hormonelle Verhütung #TrotzCED“ – Tipps von der Spezialistin

Verhütung ist ein Thema, mit dem sich vor allem junge Frauen in besonderer Weise beschäftigen. Bei der großen Auswahl an Verhütungsmethoden ist es nicht ganz einfach, die richtige Wahl zu treffen. Wenn dann aufgrund einer Grunderkrankung wie einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) weitere Aspekte beachtet werden müssen, ist das persönliche Gespräch mit dem*der Ärzt*n ein wichtiger Schritt. 

Das nachfolgende Interview mit Frau Prof. Dr. Julia Seiderer-Nack, Fachärztin für Innere Medizin und Ernährungsmedizin und Professorin an der KSH München, hat den Schwerpunkt Verhütung bei CED. Rund 80 % ihrer Patient*innen, die sie in ihrer internistischen Praxis behandelt, leiden an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung und können sich in der Spezialsprechstunde beraten lassen.

Frage: Liebe Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack, wie alt sind Ihre Patientinnen und Patienten im Mittel, die Sie in Ihrer Praxis betreuen und welche Fragen beschäftigen Ihre Patient*innen?

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Wir haben eine gemischte Altersstruktur: Zu uns kommen viele junge Frauen (und Männer) mit CED im Alter von 16-30 Jahren mit Fragen zu Verhütung, Sexualität und Kinderwunsch; ebenso gibt es aber auch ältere Patient*innen mit CED, die unsere Praxis wegen des ganzheitlichen Behandlungsansatzes, z. B. bei Wechseljahresbeschwerden, aufsuchen. Konkret bedeutet dies, dass wir neben Diagnostik und schulmedizinischer Therapie auch die Themen Ernährungsmedizin, Naturheilkunde und Ansätze der traditionellen chinesischen Medizin in die Behandlung der CED einfließen lassen.

Frage: Was sollten Patientinnen bei der Wahl eines Verhütungsmittels beachten? 

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Nicht jedes Verhütungsmittel ist für jede Patientin geeignet. Die Pille ist eines der sichersten Verhütungsmittel und die einfache Anwendung sehen gerade junge Patientinnen als Vorteil. Der Wirkstoff wird oral eingenommen und gelangt dann über den Dünndarm in den Blutkreislauf, wodurch die empfängnisverhütende Wirkung gegeben ist. Bei CED-Betroffenen gibt es aber einige Besonderheiten, die beachtet werden müssen: Durchfall, eine beschleunigte Magenpassage, das Befallsmuster der Erkrankung und die Stärke der Entzündung können die Wirkstoffaufnahme reduzieren oder verhindern und so die Wirkung der Pille mindern bzw. sie wirkungslos machen. Inwieweit die Pille für eine CED-Betroffene geeignet ist, muss individuell entschieden werden und zusätzlich mit dem behandelnden Gynäkologen bzw. der behandelnden Gynäkologin geklärt werden. Außerdem besteht, wie auch bei anderen hormonellen Verhütungsmethoden die Möglichkeit einer Thrombose.“

Frage: Und wie sieht es mit Ovulationshemmern in Form eines Rings oder Pflasters aus?

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das kann für manche Patientinnen eine gute Alternative sein. Generell sollte man, wie gerade schon angesprochen, bei hormonellen Verhütungsmitteln jedoch beachten, dass diese mit einem erhöhten Thromboserisiko einhergehen können. Auch für CED-Betroffene kann aufgrund ihrer Grunderkrankung ein erhöhtes Thromboserisiko bestehen.“ 

Frage: Das klingt, als würde die CED-Therapie die Wahl des Verhütungsmittels einschränken…

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das kann man nicht allgemein formulieren. Bei der medikamentösen Behandlung einer Grunderkrankung wie CED, muss immer berücksichtigt werden, dass der verabreichte Wirkstoff zur Therapie der CED bestimmte Organe beeinträchtigen kann. Ein Verhütungsmittel kann unter Umständen ein Organ wie die Leber zusätzlich belasten oder sich negativ auf die Knochendichte auswirken. Das alles spielt bei der Wahl des Verhütungsmittels eine Rolle und muss bei jeder Patientin individuell berücksichtigt werden. Insbesondere wenn die hormonelle Verhütung in einer bestimmten Krankheitsphase zu einer zusätzlichen Belastung wird, ist es wichtig, den Patientinnen Alternativen aufzuzeigen. In jedem Fall sollten auch sexuell übertragbare Krankheiten und der Schutz vor ihnen Teil des Gesprächs sein.“

Frage: Bei der Verhütung sollten ja beide Partner ihren Anteil haben…

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das stimmt. Eine Beratung über Verhütungsmethoden sollte als eine partnerschaftliche Aufgabe gesehen und die Entscheidung über die Art der Methoden von beiden Partnern gemeinschaftlich getroffen werden.“

Vielen Dank Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack für dieses Gespräch.