Medizinische Reha bei CED

Bei einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) können nicht nur körperliche Beschwerden, sondern auch psychosoziale Probleme auftreten: In einigen Fällen kann die CED z. B. mit Ernährungseinschränkungen, Stress und Depression einhergehen.1 Welche psychische Belastung eine CED-Diagnose bedeuten kann, zeigt u. a. die Geschichte eines Patienten in unserem Beitrag Diagnose unheilbar krank - Gürkans Geschichte zwischen Colitis ulcerosa und Depressionen.

Solltest du dich durch die unterschiedlichen Beschwerden deiner CED stark belastet fühlen, könnte womöglich eine Reha für dich in Frage kommen: Durch eine medizinische Rehabilitation soll u. a. die Leistungsfähigkeit im Beruf verbessert, wiederhergestellt oder eine weitere Verschlechterung verhindert werden.2 Daher stehen während einer Reha nicht nur akute Symptome im Fokus, auch der langfristige Umgang mit der Erkrankung und den einhergehenden Beschwerden soll erlernt bzw. verbessert werden.2 Betroffene werden dabei – je nach Bedarf – von einem multidisziplinären Team bestehend aus u. a. Fachärzt*innen, Psycholog*innen, Physiotherapeut*innen und Ernährungsberater*innen unterstützt.1 Unterschiedliche Einrichtungen sind auf verschiedene Erkrankungen spezialisiert, um die Behandlung während der meist dreiwöchigen Reha individuell auf die Patient*innen und deren Erkrankungen abstimmen zu können.2

MERCED-Studie: Wie wirksam ist eine medizinische Reha bei CED? 

Die sogenannte MERCED-Studie – kurz für „medizinische Rehabilitation bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen“ – untersuchte, welche Effekte eine Reha bei CED-Patient*innen haben kann. Dabei wurden Betroffene, die eine medizinische Reha in Anspruch nahmen, mit Patient*innen verglichen, die weiterhin die Routineversorgung nutzten. Die Studienteilnehmer*innen füllten jeweils im Abstand von 12 Monaten einen Fragebogen über ihre Beeinträchtigungen in verschiedenen alltäglichen Aktivitätsbereichen wie u. a. Beruf, Freizeit und soziale Beziehungen aus.1

Die Studienergebnisse sprechen für die Reha: Im Vergleich zu CED-Betroffenen in der Routineversorgung berichteten Reha-Patient*innen von einer geringeren Einschränkung ihres Soziallebens. Zudem wirkte sich die Reha scheinbar positiv auf die Krankheitsaktivität aus: Mehr Patient*innen als in der Kontrollgruppe waren beispielsweise zum Zeitpunkt der abschließenden Befragung in einer steroidfreien Remission – hier ließen die Beschwerden also tendenziell mehr nach.1 Weshalb der Verzicht auf Steroide bei der Remission wichtig ist, erfährst du in unserem Artikel Steroidabhängigkeit: Wenn aus einem kurzen Vor- ein langer Nachteil wird. Sowohl die Vitalität als auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität der CED-Patient*innen nahmen zu: 58 % berichteten nach dem Reha-Aufenthalt von einem besseren Gesundheitszustand – nur 35 % erreichten das in der Routineversorgung. Dies zeigt, dass eine stationäre medizinische Reha bei CED-Patient*innen ggf. wirksamer sein kann.1 Zudem ermöglicht der Aufenthalt in einer Reha-Einrichtung den Austausch mit anderen CED-Betroffenen. Weshalb ein solcher Austausch wichtig und hilfreich ist, erläutern wir in dem Beitrag Austausch auf Augenhöhe – Die Bedeutung von Kommunikation in der CED-Behandlung.

Antragsstellung medizinische Reha

Du hast Interesse an einer Reha, weißt aber nicht, wie du vorgehen sollst? Zunächst ist ein Gespräch mit deiner behandelnden Ärztin bzw. deinem behandelnden Arzt ratsam, in dem ihr klärt, ob eine Reha für dich sinnvoll sein könnte. Als gesetzlich Versicherte*r musst du im nächsten Schritt selbst den Antrag bei deiner Rentenversicherung stellen, hierbei werden deine Ärzt*innen dich sicher ebenfalls beraten und unterstützen.1 Zudem benötigst du meist ein Gutachten, denn aus ärztlicher Sicht sollte ein Reha-Aufenthalt deine Gesundheit voraussichtlich wiederherstellen oder zumindest so weit stabilisieren, dass du wieder arbeiten kannst. Daher muss dein*e behandelnde*r Ärzt*in deinen Antrag befürworten und mit einem Bericht medizinisch begründen. Den Antrag kannst du online bei der deutschen Rentenversicherung hier einreichen. Bei privater Versicherung kann das Vorgehen abweichen, hier solltest du dich mit deiner jeweiligen Versicherung in Kontakt setzen.2


Voraussetzungen: Wann kannst du eine medizinische Reha bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen?3

  • Deine Arbeitsfähigkeit ist gefährdet oder schon eingeschränkt
  • Du bist bereits eine bestimmte Zeit versichert – je nach Reha-Leistung müssen 5 oder 15 Jahre Wartezeit erreicht sein, in anderen Fällen genügt es, wenn du in den letzten zwei Jahren mindestens in 6 Kalendermonaten Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt hast
  • Falls du schon einmal eine Reha hattest, muss diese i. d. R. mindestens vier Jahre zurückliegen
  • Es darf kein Ausschlussgrund vorliegen (z. B. haben Beamte auf Lebenszeit keinen Anspruch auf medizinische Reha-Leistungen durch die Rentenversicherung)

Mehr Informationen findest du unter: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Reha/Warum-Reha/voraussetzung_ausschlussgruende.html 

Sportlich #TrotzCED? – Wie körperliche Bewegung sich positiv auf die Lebensqualität auswirkt

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt 150 Minuten moderaten Sport pro Woche. Doch würde diese Regel auch für CED-Betroffene gelten? Bislang gibt es keine einheitliche Empfehlung. Vieles
spricht aber dafür, dass Sport eine positive Auswirkung auf das körperliche sowie mentale Wohlbefinden
haben kann.1 Wir wollten mehr darüber erfahren und haben mit André Vieth, Kraftsporttrainer und CEDBetroffener,
gesprochen, um nach seinen Erfahrungen und seinem Leben mit Sport #TrotzCED zu fragen.

„CED – Nicht nur ein Fall für den Gastroenterologen“ – Tipps von der Spezialistin (Teil 2)

Frau Prof. Julia Seiderer-Nack, Internistin aus München, geht im nachfolgenden 2. Teil unserer kleinen Interview-Serie auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Zusammenhang mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), wie Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU), sowie auf das Thema Impfen ein.

„Hormonelle Verhütung #TrotzCED“ – Tipps von der Spezialistin

Verhütung ist ein Thema, mit dem sich vor allem junge Frauen in besonderer Weise beschäftigen. Bei der großen Auswahl an Verhütungsmethoden ist es nicht ganz einfach, die richtige Wahl zu treffen. Wenn dann aufgrund einer Grunderkrankung wie einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) weitere Aspekte beachtet werden müssen, ist das persönliche Gespräch mit dem*der Ärzt*n ein wichtiger Schritt. 

Das nachfolgende Interview mit Frau Prof. Dr. Julia Seiderer-Nack, Fachärztin für Innere Medizin und Ernährungsmedizin und Professorin an der KSH München, hat den Schwerpunkt Verhütung bei CED. Rund 80 % ihrer Patient*innen, die sie in ihrer internistischen Praxis behandelt, leiden an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung und können sich in der Spezialsprechstunde beraten lassen.

Frage: Liebe Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack, wie alt sind Ihre Patientinnen und Patienten im Mittel, die Sie in Ihrer Praxis betreuen und welche Fragen beschäftigen Ihre Patient*innen?

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Wir haben eine gemischte Altersstruktur: Zu uns kommen viele junge Frauen (und Männer) mit CED im Alter von 16-30 Jahren mit Fragen zu Verhütung, Sexualität und Kinderwunsch; ebenso gibt es aber auch ältere Patient*innen mit CED, die unsere Praxis wegen des ganzheitlichen Behandlungsansatzes, z. B. bei Wechseljahresbeschwerden, aufsuchen. Konkret bedeutet dies, dass wir neben Diagnostik und schulmedizinischer Therapie auch die Themen Ernährungsmedizin, Naturheilkunde und Ansätze der traditionellen chinesischen Medizin in die Behandlung der CED einfließen lassen.

Frage: Was sollten Patientinnen bei der Wahl eines Verhütungsmittels beachten? 

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Nicht jedes Verhütungsmittel ist für jede Patientin geeignet. Die Pille ist eines der sichersten Verhütungsmittel und die einfache Anwendung sehen gerade junge Patientinnen als Vorteil. Der Wirkstoff wird oral eingenommen und gelangt dann über den Dünndarm in den Blutkreislauf, wodurch die empfängnisverhütende Wirkung gegeben ist. Bei CED-Betroffenen gibt es aber einige Besonderheiten, die beachtet werden müssen: Durchfall, eine beschleunigte Magenpassage, das Befallsmuster der Erkrankung und die Stärke der Entzündung können die Wirkstoffaufnahme reduzieren oder verhindern und so die Wirkung der Pille mindern bzw. sie wirkungslos machen. Inwieweit die Pille für eine CED-Betroffene geeignet ist, muss individuell entschieden werden und zusätzlich mit dem behandelnden Gynäkologen bzw. der behandelnden Gynäkologin geklärt werden. Außerdem besteht, wie auch bei anderen hormonellen Verhütungsmethoden die Möglichkeit einer Thrombose.“

Frage: Und wie sieht es mit Ovulationshemmern in Form eines Rings oder Pflasters aus?

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das kann für manche Patientinnen eine gute Alternative sein. Generell sollte man, wie gerade schon angesprochen, bei hormonellen Verhütungsmitteln jedoch beachten, dass diese mit einem erhöhten Thromboserisiko einhergehen können. Auch für CED-Betroffene kann aufgrund ihrer Grunderkrankung ein erhöhtes Thromboserisiko bestehen.“ 

Frage: Das klingt, als würde die CED-Therapie die Wahl des Verhütungsmittels einschränken…

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das kann man nicht allgemein formulieren. Bei der medikamentösen Behandlung einer Grunderkrankung wie CED, muss immer berücksichtigt werden, dass der verabreichte Wirkstoff zur Therapie der CED bestimmte Organe beeinträchtigen kann. Ein Verhütungsmittel kann unter Umständen ein Organ wie die Leber zusätzlich belasten oder sich negativ auf die Knochendichte auswirken. Das alles spielt bei der Wahl des Verhütungsmittels eine Rolle und muss bei jeder Patientin individuell berücksichtigt werden. Insbesondere wenn die hormonelle Verhütung in einer bestimmten Krankheitsphase zu einer zusätzlichen Belastung wird, ist es wichtig, den Patientinnen Alternativen aufzuzeigen. In jedem Fall sollten auch sexuell übertragbare Krankheiten und der Schutz vor ihnen Teil des Gesprächs sein.“

Frage: Bei der Verhütung sollten ja beide Partner ihren Anteil haben…

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das stimmt. Eine Beratung über Verhütungsmethoden sollte als eine partnerschaftliche Aufgabe gesehen und die Entscheidung über die Art der Methoden von beiden Partnern gemeinschaftlich getroffen werden.“

Vielen Dank Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack für dieses Gespräch.