Elternsein-Martin-Turbanisch-Familie

Martin (30) liegt es am Herzen, darauf aufmerksam zu machen, dass es auch Verläufe einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) gibt, die das Leben wenig beeinflussen oder verändern. Er selbst hat Morbus Crohn und führt mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern (5 und 1) ein sehr erfülltes Familienleben, auf dessen Alltag er seine CED wenig Einfluss nehmen lässt. Im Interview erzählt er u. a. von seiner Krankheitsgeschichte und wie er seiner Tochter die Erkrankung erklärt hat.

Frage: Kannst du etwas über deine Krankheitsgeschichte erzählen?

Martin: Klar. Meine Beschwerde in Bezug auf Verdauung und Ausscheidungen etc. hatte ich schon 2008. Da fing es an, dass es mir nach dem Essen manchmal nicht so gut ging. Ich selbst hatte lange eine Laktoseintoleranz in Verdacht, was sich allerdings nie bestätigte. Nachdem ich bei verschiedenen Fachärzten war und einige Therapien erfolglos hinter mich gebracht hatte, besuchte ich 2014 einen Gastroenterologen für eine Darmspiegelung und bekam die Diagnose Morbus Crohn. Ich habe direkt Medikamente bekommen und war auch zwischendurch zweimal in der Notaufnahme, da immer die Gefahr einer Stenose bestand. Nach einigen Monaten wurde mir gesagt, dass ich um eine Darm-Operation nicht herumkommen werde, da der Übergang zwischen Dünn- und Dickdarm durch die dauerhafte Entzündung trotz der Medikamente noch immer verengt war. 2016 wurde deshalb dieser Teil des Darms und somit auch die Engstelle entfernt. Seitdem geht es mir stetig besser, sodass ich im Februar 2019, in Absprache mit meinem Gastroenterologen, alle meine CED-spezifischen Medikamente dauerhaft absetzen konnte. Ich gehe einmal im Jahr zur Darmspiegelung und halbjährlich wird mir Blut abgenommen, um die spezifischen Marker im Auge zu behalten. Zurzeit habe ich aber keine Beschwerden durch mein Morbus Crohn.

Du hattest deine Darm-OP also, als deine erste Tochter ein paar Monate alt war. Wie hast du / habt ihr als Familie diese Zeit erlebt?

Ja, meine Tochter war damals ca. sieben Monate alt. Die Woche im Krankenhaus habe ich zu sehr auf die leichte Schulter genommen, diese Zeit hat mich schon extrem belastet. Ich hatte meiner Frau gesagt, dass sie mit meiner Tochter etwas Schönes unternehmen soll. Deshalb ist sie zu einer Freundin gefahren und kam mich erst nach drei Tagen besuchen. Aufgrund der Narbenschmerzen konnte ich mich die ersten zwei Tage nicht richtig fortbewegen, das hat mich selbst überrascht. Und den ersten Monat nach der OP war ich, vor allem durch meine Narbenschmerzen, größtenteils außer Gefecht gesetzt. Meine Frau musste daher viel machen. Natürlich hätte alles schlimmer sein können, aber es war nicht unbedingt so, wie man sich das Familienleben als frisch gebackene, junge Familie vorstellt. Andererseits war ich natürlich viel zu Hause und konnte daher viel Zeit mit meiner Tochter verbringen. Das habe ich sehr genossen.

Gab es aufgrund deiner Erkrankung jemals die Überlegung, keine Kinder zu bekommen?

Definitiv nein! Diesen Gedanken hatten wir tatsächlich zu keiner Zeit. Natürlich weiß man nicht genau, inwiefern Morbus Crohn an die Kinder weitergegeben werden kann. Wenn meine Töchter mal längere Zeit über Bauchschmerzen klagen, kommt mir der Gedanke, dass auch sie betroffen sein könnten. Aber ich habe immer gut mit der Erkrankung leben können. Deshalb habe ich sie niemals großartig auf irgendetwas Einfluss nehmen lassen.

Wie und wann hast du deiner Tochter deine Erkrankung erklärt?

Ich bin sehr offen damit umgegangen. Sie hat es meistens dann wahrgenommen, wenn ich mir eine Spritze setzen musste und hat mich dazu gefragt. Ich habe ihr dann erklärt, dass ich eine Krankheit im Bauch habe und mir die Spritze hilft, damit es mir besser geht. Rückblickend würde ich sagen, ich habe meine Tochter unterschätzt. Ich denke, sie hat schon viel mehr wahrgenommen und verstanden, als wir ihr zugetraut haben. Ich hätte ihr die Erkrankung durchaus etwas detaillierter erklären können, z. B. wie das Verdauungssystem funktioniert und wie Morbus Crohn sich auswirkt.

Wie sieht dein Alltag mit CED und Kindern aus?

Ich habe es nie zugelassen, dass mein Morbus Crohn mein Familienleben allzu sehr beeinträchtigt. Natürlich musste ich immer schauen, dass irgendwo eine Toilette verfügbar ist, aber das war bei mir eher eine mentale Sache. So richtige Schübe, in denen ich wochenlang im Bett liegen musste, hatte ich zum Glück nicht. Somit hat die Erkrankung unseren Alltag und mein Vatersein relativ wenig beeinflusst.

Vielen Dank, Martin für dieses Gespräch.

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