Osteoporose bei CED

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) können Osteoporose bzw. Knochenschwund begünstigen. Bereits seit mehreren Jahren ist Mediziner*innen ein Zusammenhang zwischen beiden Erkrankungen bekannt. Da infolge des schleichend einsetzenden Abbaus von Knochensubstanz auch die Gefahr von Knochenbrüchen deutlich steigt, solltest du dieses Thema als CED-Betroffener nicht unterschätzen. Bereits im jungen Alter können hierdurch komplizierte Knochenbrüche, wie etwa Wirbelkörper- oder Hüftfrakturen entstehen.

Von Nährstoffmangel bis Steroidbehandlung – die Ursachen sind vielseitig

Für den Zusammenhang zwischen CED und dem Auftreten von Osteoporose sind verschiedene Ursachen beschrieben. So kann etwa eine gestörte Resorption von Nahrung im Darm zu einem Nährstoffmangel und somit zu einem Mangel an bestimmten für den Aufbau und Erhalt von Knochensubstanz benötigten Vitaminen und Mineralien führen. Hierzu zählen vor allem ein Mangel an den Vitaminen D, B12 und Vitamin C sowie an Kalzium. Zudem begünstigen die anhaltenden Entzündungsprozesse bei einer aktiven CED den Knochenabbau. Bestimmte Zellen, die im natürlichen Zustand an der Regulation des Kalziumhaushalts beteiligt sind und bei Bedarf einen Abbau von Knochensubstanz fördern, werden bei einer chronischen Entzündung vermehrt durch das Immunsystem aktiviert. In gleicher Weise können sich Untergewicht und Bewegungsmangel bei CED-Betroffenen negativ auf den Erhalt der Knochensubstanz auswirken.

Einen zusätzlichen Einfluss auf das Osteoporoserisiko können auch vereinzelte, im Zuge der CED-Therapie einzunehmende Medikamente, haben. Insbesondere eine anhaltende Behandlung mit Kortikosteroiden, wie sie laut einer aktuellen Auswertung von Krankenkassendaten in Deutschland häufiger zu beobachten ist, kann die Entstehung von Osteoporose begünstigen. Die langfristige Einnahme von Kortikosteroiden kann zu einer sogenannten steroidinduzierten Osteoporose führen, indem:

  • ​​​​Zellen, die den Knochenabbau fördern, aktiviert werden,

  • Zellen, die den Knochenaufbau unterstützen, gehemmt werden

  • Die Kalziumaufnahme im Darm vermindert wird

  • Die Kalziumausscheidung über die Niere erhöht wird

Infolge des einsetzenden Abbaus von Knochensubstanz ist das Frakturrisiko bei einer dauerhaften Steroideinnahme deutlich erhöht.

Aktuelle Untersuchung von CED-Betroffenen bestätigt Osteoporoserisiko

Dass das Risiko einer Osteoporose aufgrund einer bestehenden CED nicht zu unterschätzen ist, zeigt das aktuelle Ergebnis einer Langzeitbeobachtung in Dänemark: Wissenschaftler werteten die Daten von 513 Betroffenen aus, die in den Jahren 2003 bis 2004 die Diagnose Morbus Crohn (MC; 213 Betroffene) oder Colitis ulcerosa (CU; 300 Betroffene) erhielten und bis zum Jahr 2015 beobachtet und regelmäßig untersucht wurden. Von besonderem Interesse dabei war es, Häufigkeit und Risikofaktoren einer Osteoporose zu identifizieren. Es zeigte sich, dass das Risiko für Osteoporose im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen etwa doppelt so hoch war. Ca. 14% der CED-Betroffenen entwickelten im Zeitraum zwischen 2003 und 2015 eine Osteoporose, verglichen mit nur 6% der gesunden Probanden. Dabei trat eine Osteoporose bei Betroffenen mit MC in etwa gleichermaßen häufig auf wie bei CU. Zudem zeigte sich, dass ca. zwei Drittel der Betroffenen regelmäßig Steroide einnahm – im Schnitt mehr als 500 mg innerhalb eines Jahres – wobei nur etwa jeder Zehnte sich regelmäßig, alle zwei bis drei Jahre, einer Knochendichtemessung unterzog.

Mit den richtigen Maßnahmen Osteoporose vorbeugen

Mit einer bewussten und gesunden Lebensweise hast du die Möglichkeit, der Entstehung von Osteoporose vorzubeugen. Neben regelmäßigem Sport und der Vermeidung eines übermäßigen Konsums von Alkohol und Zigaretten, zählt hierzu auch eine entsprechende Ernährung. Dabei solltest du insbesondere auf eine ausreichende Versorgung mit den für einen gesunden Erhalt von Knochensubstanz nötigen Mineralien – insbesondere natürlich Kalzium – und Vitaminen achten:

  • Zu einer kalziumreichen Ernährung zählen beispielsweise Milch und Milchprodukte (z.B. Käse, Joghurt); Gemüsesorten wie Broccoli oder Grünkohl; Soja oder Nüsse; sowie das Trinken von kalziumhaltigem Mineralwasser.

  • ​​Deinen Vitamin D-Speicher kannst du mit Aufenthalten im Freien auftanken. Bereits wenige Minuten Sonnenlicht auf der Haut täglich genügen. Insbesondere im Sommer solltest du dabei jedoch das Auftragen eines Sonnenschutzes nicht vergessen. Über die Nahrung hast du zudem die Möglichkeit Vitamin D über einen regelmäßigen Verzehr von Fisch zu dir zu nehmen.

  • Zum Erhalt einer ausreichenden Vitamin-Versorgung (z.B. Vitamin D, B12 oder Vitamin C) kann es zudem empfehlenswert sein, zusätzlich Nahrungsmittelsupplemente einzunehmen.

  • Zum Erhalt einer ausreichenden Vitamin-Versorgung (z.B. Vitamin D, B12 oder Vitamin C) kann es zudem empfehlenswert sein, zusätzlich Nahrungsmittelsupplemente einzunehmen.

Medizinische Leitlinien empfehlen zudem eine regelmäßige Kontrolle des Osteoporosestatus bei CED-Betroffenen durch Knochendichtemessung, insbesondere dann, wenn du regelmäßig Kortikosteroide einnehmen solltest. Um das Osteoporoserisiko gering zu halten, sollte, gemäß Leitlinienempfehlung, in jedem Fall auf eine dauerhafte Einnahme von Kortikosteroiden zum Erhalt der Remission verzichtet werden. Sprich am besten mit deinem / deiner behandelnden Arzt / Ärztin darüber, wie ihr nach Möglichkeit deine Therapie anpassen könnt um einen Steroidgebrauch zu minimieren. Weshalb es von Bedeutung ist, deine Therapie nach deinen Bedürfnissen abzustimmen, kannst du in dem Beitrag Eigene Therapieziele kennen und besprechen nachlesen.

Sportlich #TrotzCED? – Wie körperliche Bewegung sich positiv auf die Lebensqualität auswirkt

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt 150 Minuten moderaten Sport pro Woche. Doch würde diese Regel auch für CED-Betroffene gelten? Bislang gibt es keine einheitliche Empfehlung. Vieles
spricht aber dafür, dass Sport eine positive Auswirkung auf das körperliche sowie mentale Wohlbefinden
haben kann.1 Wir wollten mehr darüber erfahren und haben mit André Vieth, Kraftsporttrainer und CEDBetroffener,
gesprochen, um nach seinen Erfahrungen und seinem Leben mit Sport #TrotzCED zu fragen.

„CED – Nicht nur ein Fall für den Gastroenterologen“ – Tipps von der Spezialistin (Teil 2)

Frau Prof. Julia Seiderer-Nack, Internistin aus München, geht im nachfolgenden 2. Teil unserer kleinen Interview-Serie auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Zusammenhang mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), wie Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU), sowie auf das Thema Impfen ein.

„Hormonelle Verhütung #TrotzCED“ – Tipps von der Spezialistin

Verhütung ist ein Thema, mit dem sich vor allem junge Frauen in besonderer Weise beschäftigen. Bei der großen Auswahl an Verhütungsmethoden ist es nicht ganz einfach, die richtige Wahl zu treffen. Wenn dann aufgrund einer Grunderkrankung wie einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) weitere Aspekte beachtet werden müssen, ist das persönliche Gespräch mit dem*der Ärzt*n ein wichtiger Schritt. 

Das nachfolgende Interview mit Frau Prof. Dr. Julia Seiderer-Nack, Fachärztin für Innere Medizin und Ernährungsmedizin und Professorin an der KSH München, hat den Schwerpunkt Verhütung bei CED. Rund 80 % ihrer Patient*innen, die sie in ihrer internistischen Praxis behandelt, leiden an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung und können sich in der Spezialsprechstunde beraten lassen.

Frage: Liebe Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack, wie alt sind Ihre Patientinnen und Patienten im Mittel, die Sie in Ihrer Praxis betreuen und welche Fragen beschäftigen Ihre Patient*innen?

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Wir haben eine gemischte Altersstruktur: Zu uns kommen viele junge Frauen (und Männer) mit CED im Alter von 16-30 Jahren mit Fragen zu Verhütung, Sexualität und Kinderwunsch; ebenso gibt es aber auch ältere Patient*innen mit CED, die unsere Praxis wegen des ganzheitlichen Behandlungsansatzes, z. B. bei Wechseljahresbeschwerden, aufsuchen. Konkret bedeutet dies, dass wir neben Diagnostik und schulmedizinischer Therapie auch die Themen Ernährungsmedizin, Naturheilkunde und Ansätze der traditionellen chinesischen Medizin in die Behandlung der CED einfließen lassen.

Frage: Was sollten Patientinnen bei der Wahl eines Verhütungsmittels beachten? 

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Nicht jedes Verhütungsmittel ist für jede Patientin geeignet. Die Pille ist eines der sichersten Verhütungsmittel und die einfache Anwendung sehen gerade junge Patientinnen als Vorteil. Der Wirkstoff wird oral eingenommen und gelangt dann über den Dünndarm in den Blutkreislauf, wodurch die empfängnisverhütende Wirkung gegeben ist. Bei CED-Betroffenen gibt es aber einige Besonderheiten, die beachtet werden müssen: Durchfall, eine beschleunigte Magenpassage, das Befallsmuster der Erkrankung und die Stärke der Entzündung können die Wirkstoffaufnahme reduzieren oder verhindern und so die Wirkung der Pille mindern bzw. sie wirkungslos machen. Inwieweit die Pille für eine CED-Betroffene geeignet ist, muss individuell entschieden werden und zusätzlich mit dem behandelnden Gynäkologen bzw. der behandelnden Gynäkologin geklärt werden. Außerdem besteht, wie auch bei anderen hormonellen Verhütungsmethoden die Möglichkeit einer Thrombose.“

Frage: Und wie sieht es mit Ovulationshemmern in Form eines Rings oder Pflasters aus?

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das kann für manche Patientinnen eine gute Alternative sein. Generell sollte man, wie gerade schon angesprochen, bei hormonellen Verhütungsmitteln jedoch beachten, dass diese mit einem erhöhten Thromboserisiko einhergehen können. Auch für CED-Betroffene kann aufgrund ihrer Grunderkrankung ein erhöhtes Thromboserisiko bestehen.“ 

Frage: Das klingt, als würde die CED-Therapie die Wahl des Verhütungsmittels einschränken…

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das kann man nicht allgemein formulieren. Bei der medikamentösen Behandlung einer Grunderkrankung wie CED, muss immer berücksichtigt werden, dass der verabreichte Wirkstoff zur Therapie der CED bestimmte Organe beeinträchtigen kann. Ein Verhütungsmittel kann unter Umständen ein Organ wie die Leber zusätzlich belasten oder sich negativ auf die Knochendichte auswirken. Das alles spielt bei der Wahl des Verhütungsmittels eine Rolle und muss bei jeder Patientin individuell berücksichtigt werden. Insbesondere wenn die hormonelle Verhütung in einer bestimmten Krankheitsphase zu einer zusätzlichen Belastung wird, ist es wichtig, den Patientinnen Alternativen aufzuzeigen. In jedem Fall sollten auch sexuell übertragbare Krankheiten und der Schutz vor ihnen Teil des Gesprächs sein.“

Frage: Bei der Verhütung sollten ja beide Partner ihren Anteil haben…

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das stimmt. Eine Beratung über Verhütungsmethoden sollte als eine partnerschaftliche Aufgabe gesehen und die Entscheidung über die Art der Methoden von beiden Partnern gemeinschaftlich getroffen werden.“

Vielen Dank Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack für dieses Gespräch.