CED bei Frauen: Von Schwangerschaft bis Endometriose

Auch wenn chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU) oft mit ähnlichen Symptomen und Beschwerden für die Betroffenen einhergehen, ist keine Darmerkrankung gleich – jede CED ist ganz individuell. Dennoch können einige allgemeingültige Aussagen über geschlechtsspezifische Gemeinsamkeiten getroffen werden: Männer und Frauen unterscheiden sich z. B. dadurch, welcher Darmabschnitt bei Morbus Crohn von der Entzündung betroffen ist oder im Hinblick auf die Symptome, welche außerhalb des Verdauungstraktes auftreten – sogenannte extraintestinale Manifestationen.1 Näheres zu den geschlechtsspezifischen Aspekten von CED beschreiben wir in dem Artikel Mann vs. Frau: Gibt es Unterschiede bei CED?. Obwohl Männer und Frauen etwa gleich häufig von einer CED betroffen sind, gibt es Besonderheiten, die nur bei den weiblichen CED-Betroffenen eine Rolle spielen.

CED bei Frauen – welche Besonderheiten gibt es?

Viele der Besonderheiten im Rahmen der Darmerkrankungen ergeben sich aus den weiblichen Hormonen, welche viele Prozesse im Verdauungstrakt beeinflussen können, u. a. die Schmerzempfindlichkeit.2 Diese – insbesondere Östrogen – scheinen im Zusammenhang mit der Entstehung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sowie mit der Schwere der CED-Symptome zu stehen.2,3 Zwar ist die Verbindung noch nicht abschließend geklärt, doch vermuten Forscher*innen, dass sich das weibliche Geschlechtshormon auf die Entzündungsprozesse und das Immunsystem auswirken kann. Zudem wird ein Einfluss auf das Darmmikrobiom und die Funktion der Darmwand vermutet.3,4 In welchem Zusammenhang das Mikrobiom mit einer CED steht, erfährst du in dem Beitrag Kleines Universum mit großer Bedeutung: Das Mikrobiom. Auch die Menstruation ist ein Thema bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa: CED-Patientinnen berichten von stärkeren Begleiterscheinungen wie Durchfall und stärkeren Krämpfen während der Regelblutung.2 

Eine weitere geschlechtsspezifische Herausforderung bei MC-Patientinnen stellen sogenannte rektovaginale Fisteln dar – unnatürliche Verbindungen zwischen dem Verdauungstrakt und der Vagina, die oberhalb des Schließmuskels münden.5,6 Die rektovaginalen Fisteln sind nicht selten: Bis zu 10 % der MC-Patientinnen können Auswertungen zufolge von einer rektovaginalen Fistel betroffen sein.7 Die Fisteln sind nicht nur schmerzhaft, sondern können auch durchaus unangenehm sein, da es zum Austritt von Gas und/oder Stuhlgang durch die Vagina kommen kann. Somit ist die Lebensqualität der betroffenen Frauen oftmals stark eingeschränkt.5

Möglicherweise besteht für Frauen mit CED außerdem ein erhöhtes Risiko für Gewebeveränderungen des Gebärmutterhalses.8,9,10 Ein Risikofaktor, der das Entstehen solcher Veränderungen fördern kann, ist Rauchen.9 Mit welchen negativen Auswirkungen Rauchen zudem bei Morbus Crohn im Zusammenhang steht, haben wir in dem Beitrag Nichtraucherzone Morbus Crohn unter die Lupe genommen. Aufgrund des erhöhten Risikos sollten CED-Patientinnen regelmäßig auf solche Gewebeveränderungen des Gebärmutterhalses untersucht werden.

„CED und Schwangerschaft – geht das?“ Diese Fragen stellen sich verständlicherweise viele CED-Patientinnen, doch ist eine Schwangerschaft generell auch mit einer CED möglich.11 Mehr Informationen rund um das Kinderkriegen bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa haben wir in dem Artikel Update CED: Kinderwunsch, Schwangerschaft & Geburt zusammengestellt. Dennoch empfehlen Expert*innen ein besonderes Management der CED während der Schwangerschaft.12,13 

Darüber hinaus spielen gynäkologische Erkrankungen eine Rolle bei CED – eine besondere Bedeutung kommt hierbei der Endometriose zu.

Endometriose und CED

Endometriose ist eine entzündliche und sehr schmerzhafte, aber gutartige gynäkologische Erkrankung, von der schätzungsweise 7–10 % aller Frauen betroffen sind.14 Bei der Erkrankung nistet sich Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) ähnelt, außerhalb der Gebärmutter ein – typischerweise im Genitalbereich. Doch kann die Endometriose auch Organe außerhalb des Genitalbereichs betreffen: Am häufigsten tritt sie im Verdauungstrakt auf, am zweithäufigsten in Bereichen des Urogenitaltrakts, z. B. in der Blase oder den Harnleitern.15 Beschwerden einer Endometriose sind oft vielschichtig und umfassen u. a. Menstruationsstörungen, Unterleibs- und Beckenschmerzen, Verstopfung, Durchfall sowie Erbrechen. Die Symptome ähneln also zum Teil denen einer CED, weshalb es vorkommen kann, dass die Endometriose zunächst mit einer CED verwechselt wird oder andersherum. Doch nicht nur die Symptome ähneln manchmal einander – möglicherweise besteht ein Zusammenhang zwischen Endometriose und CED: Laut Untersuchungen weisen Frauen mit Endometriose häufiger eine CED auf als Frauen ohne die gynäkologische Erkrankung. In einer Studie hatten Frauen mit Endometriose sogar ein um 50 % erhöhtes Risiko, an einer CED zu erkranken – doch handelt es sich hierbei um das Ergebnis einer einzelnen Studie, das noch durch weitere Untersuchungen geprüft werden muss.14

Sprich auf jeden Fall deine behandelnde Gastroenterologin bzw. deinen behandelnden Gastroenterologen an, wenn du beobachtest, dass du z. B. während der Menstruation unter stärkeren Beschwerden leidest. Zudem sollte auch deine Gynäkologin bzw. dein Gynäkologe über deine CED Bescheid wissen, damit du bei Bedarf bestmöglich behandelt werden kannst.

Sportlich #TrotzCED? – Wie körperliche Bewegung sich positiv auf die Lebensqualität auswirkt

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt 150 Minuten moderaten Sport pro Woche. Doch würde diese Regel auch für CED-Betroffene gelten? Bislang gibt es keine einheitliche Empfehlung. Vieles
spricht aber dafür, dass Sport eine positive Auswirkung auf das körperliche sowie mentale Wohlbefinden
haben kann.1 Wir wollten mehr darüber erfahren und haben mit André Vieth, Kraftsporttrainer und CEDBetroffener,
gesprochen, um nach seinen Erfahrungen und seinem Leben mit Sport #TrotzCED zu fragen.

„CED – Nicht nur ein Fall für den Gastroenterologen“ – Tipps von der Spezialistin (Teil 2)

Frau Prof. Julia Seiderer-Nack, Internistin aus München, geht im nachfolgenden 2. Teil unserer kleinen Interview-Serie auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Zusammenhang mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), wie Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU), sowie auf das Thema Impfen ein.

„Hormonelle Verhütung #TrotzCED“ – Tipps von der Spezialistin

Verhütung ist ein Thema, mit dem sich vor allem junge Frauen in besonderer Weise beschäftigen. Bei der großen Auswahl an Verhütungsmethoden ist es nicht ganz einfach, die richtige Wahl zu treffen. Wenn dann aufgrund einer Grunderkrankung wie einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) weitere Aspekte beachtet werden müssen, ist das persönliche Gespräch mit dem*der Ärzt*n ein wichtiger Schritt. 

Das nachfolgende Interview mit Frau Prof. Dr. Julia Seiderer-Nack, Fachärztin für Innere Medizin und Ernährungsmedizin und Professorin an der KSH München, hat den Schwerpunkt Verhütung bei CED. Rund 80 % ihrer Patient*innen, die sie in ihrer internistischen Praxis behandelt, leiden an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung und können sich in der Spezialsprechstunde beraten lassen.

Frage: Liebe Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack, wie alt sind Ihre Patientinnen und Patienten im Mittel, die Sie in Ihrer Praxis betreuen und welche Fragen beschäftigen Ihre Patient*innen?

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Wir haben eine gemischte Altersstruktur: Zu uns kommen viele junge Frauen (und Männer) mit CED im Alter von 16-30 Jahren mit Fragen zu Verhütung, Sexualität und Kinderwunsch; ebenso gibt es aber auch ältere Patient*innen mit CED, die unsere Praxis wegen des ganzheitlichen Behandlungsansatzes, z. B. bei Wechseljahresbeschwerden, aufsuchen. Konkret bedeutet dies, dass wir neben Diagnostik und schulmedizinischer Therapie auch die Themen Ernährungsmedizin, Naturheilkunde und Ansätze der traditionellen chinesischen Medizin in die Behandlung der CED einfließen lassen.

Frage: Was sollten Patientinnen bei der Wahl eines Verhütungsmittels beachten? 

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Nicht jedes Verhütungsmittel ist für jede Patientin geeignet. Die Pille ist eines der sichersten Verhütungsmittel und die einfache Anwendung sehen gerade junge Patientinnen als Vorteil. Der Wirkstoff wird oral eingenommen und gelangt dann über den Dünndarm in den Blutkreislauf, wodurch die empfängnisverhütende Wirkung gegeben ist. Bei CED-Betroffenen gibt es aber einige Besonderheiten, die beachtet werden müssen: Durchfall, eine beschleunigte Magenpassage, das Befallsmuster der Erkrankung und die Stärke der Entzündung können die Wirkstoffaufnahme reduzieren oder verhindern und so die Wirkung der Pille mindern bzw. sie wirkungslos machen. Inwieweit die Pille für eine CED-Betroffene geeignet ist, muss individuell entschieden werden und zusätzlich mit dem behandelnden Gynäkologen bzw. der behandelnden Gynäkologin geklärt werden. Außerdem besteht, wie auch bei anderen hormonellen Verhütungsmethoden die Möglichkeit einer Thrombose.“

Frage: Und wie sieht es mit Ovulationshemmern in Form eines Rings oder Pflasters aus?

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das kann für manche Patientinnen eine gute Alternative sein. Generell sollte man, wie gerade schon angesprochen, bei hormonellen Verhütungsmitteln jedoch beachten, dass diese mit einem erhöhten Thromboserisiko einhergehen können. Auch für CED-Betroffene kann aufgrund ihrer Grunderkrankung ein erhöhtes Thromboserisiko bestehen.“ 

Frage: Das klingt, als würde die CED-Therapie die Wahl des Verhütungsmittels einschränken…

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das kann man nicht allgemein formulieren. Bei der medikamentösen Behandlung einer Grunderkrankung wie CED, muss immer berücksichtigt werden, dass der verabreichte Wirkstoff zur Therapie der CED bestimmte Organe beeinträchtigen kann. Ein Verhütungsmittel kann unter Umständen ein Organ wie die Leber zusätzlich belasten oder sich negativ auf die Knochendichte auswirken. Das alles spielt bei der Wahl des Verhütungsmittels eine Rolle und muss bei jeder Patientin individuell berücksichtigt werden. Insbesondere wenn die hormonelle Verhütung in einer bestimmten Krankheitsphase zu einer zusätzlichen Belastung wird, ist es wichtig, den Patientinnen Alternativen aufzuzeigen. In jedem Fall sollten auch sexuell übertragbare Krankheiten und der Schutz vor ihnen Teil des Gesprächs sein.“

Frage: Bei der Verhütung sollten ja beide Partner ihren Anteil haben…

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das stimmt. Eine Beratung über Verhütungsmethoden sollte als eine partnerschaftliche Aufgabe gesehen und die Entscheidung über die Art der Methoden von beiden Partnern gemeinschaftlich getroffen werden.“

Vielen Dank Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack für dieses Gespräch.