CED und Elternschaft

Im zweiten Teil der Reihe „Elternsein #TrotzCED“ betrachten wir vor allem das familiäre Umfeld der Protagonistin dieses Artikels Ellen. Von ihr wollten wir erfahren, wie ihre Tochter mit ihrer Erkrankung umgeht und wie sie sie dabei unterstützt. Ellen ist Mutter und ist von einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) betroffen. Nach der Geburt ihrer Tochter, erhielt sie die Diagnose Colitis ulcerosa. Darauf folgten ein mehrjähriger Schub, diverse Krankenhausaufenthalte und die Entfernung des Dickdarms. Den ersten Teil Ich bin keine schlechte Mutter, nur weil ich krank bin findest du hier. Ellen hat uns darin erzählt, wie sie Herausforderungen, Alltag und Extremsituationen als Mutter mit CED meistert.

In der Reihe „Elternsein #TrotzCED“ bekommst du Einblicke in das Leben anderer Eltern mit CED, in ihre Geschichten und Erfahrungen. Im Idealfall inspirieren dich diese Erzählungen für den Umgang mit deiner eigenen Situation und machen dir Mut.

Frage: Wie habt ihr eurer Tochter erklärt, was mit dir los ist?

Ellen: „Ich habe immer versucht, offen mit der Erkrankung und meiner Situation umzugehen, ohne sie zu überfordern. Während meines langen Schubs, habe ich versucht, ihr zu verdeutlichen, inwiefern sich mein derzeitiger Zustand von dem anderer unterscheidet. So wusste sie, dass sie gesund ist und was es bedeutet, von einer Erkrankung betroffen zu sein. Gleichzeitig haben wir ihr gesagt, dass wir alles versuchen, damit es mir auch besser geht.

Als sie ungefähr drei Jahre alt war, konnte ich ihr schon so etwas sagen wie: ‚Mama hat Aua‘ oder ‚Bauchweh‘ oder ‚Mama muss sich hinlegen‘. Dann wusste sie, dass irgendetwas nicht stimmt. Ich glaube aber, das Meiste wurde dadurch verständlich, dass sie einfach mittendrin war und mitbekommen hat, wenn es mir schlecht ging. Als wir die Operation vorbereitet haben, hat mein Arzt ihr ganz süß aufgemalt, was passieren wird. Das war eine Hilfe für sie – und für mich auch. Oder wir haben meine Situation anhand von Kinderbüchern erklärt. Da gab es beispielsweise eines, in dem die Mama sich den Fuß verletzt und sich daraufhin zur Genesung viel ausruhen musste.

Heute, da sie fast 7 Jahre alt ist, kann ich ihr das Thema Darmentzündungen anhand ihrer eigenen Erfahrungen erklären: ‚Du weißt ja, dass mein Bauch operiert werden musste, weil der sehr krank war. Du hattest dich doch mal am Finger verletzt, der sich daraufhin auch entzündet hat. Das hat auch einige Zeit gedauert, bis er ganz abgeheilt war. So war das bei mir eben im Bauch.‘“

Frage: Wie geht deine Tochter mit deiner Erkrankung um?

Ellen: „Ich glaube, viele Momente aus der Zeit meines Schubs hat sie einfach vergessen. Sie war zu diesem Zeitpunkt ja noch sehr klein. Grundsätzlich war und bin ich für sie immer die schönste, liebste und tollste Mama, egal ob mein Gesicht gerade so groß war wie ein Vollmond. Ich bin für sie einfach so perfekt, wie eine Mama nur sein kann. Kinder rechnen die Defizite ja gar nicht mit. Toll ist, dass meine Krankheit sie nicht dabei aufhält oder davon abhält, sich normal zu entwickeln. Auch wenn die Lebensumstände mitunter nicht so normal waren.“

Frage: Wie geht deine Tochter mit deiner Erkrankung um?

Ellen: „Ich glaube, viele Momente aus der Zeit meines Schubs hat sie einfach vergessen. Sie war zu diesem Zeitpunkt ja noch sehr klein. Grundsätzlich war und bin ich für sie immer die schönste, liebste und tollste Mama, egal ob mein Gesicht gerade so groß war wie ein Vollmond. Ich bin für sie einfach so perfekt, wie eine Mama nur sein kann. Kinder rechnen die Defizite ja gar nicht mit. Toll ist, dass meine Krankheit sie nicht dabei aufhält oder davon abhält, sich normal zu entwickeln. Auch wenn die Lebensumstände mitunter nicht so normal waren.“

Frage: Wie konntet ihr eurer Tochter im Umgang mit deiner Erkrankung helfen? Hast du Tipps für andere betroffene Eltern?

Ellen: „Meinem Mann und mir war es wichtig, für Emmie eine gewisse Struktur aufrechtzuerhalten. Dabei stellte die Kita einen festen Dreh- und Angelpunkt dar. Sie wusste, dass sie morgens in die Kita geht und nachmittags wieder abgeholt wird. Bei uns hat das Brückenbauen außerdem ganz gut funktioniert. Vor einem meiner Krankenhausaufenthalte habe ich ihr zum Beispiel ein sechsteiliges Puzzle geschenkt: Ein Teil für jeden Tag, an dem ich nicht da bin. So war die Zeit für sie überschaubarer, weil klar war: Wenn das Puzzle fertig ist, ist die Mama wieder da.

Den offenen Umgang mit der Erkrankung und den Austausch mit meinem direkten Umfeld empfand ich ebenfalls immer als große Erleichterung. Mit zwei Erzieherinnen aus meinem Bekanntenkreis stand ich damals im Austausch. Von Ihnen stammen einige Tipps, mit denen ich meiner Tochter die Situation ein bisschen erleichtern konnte. Ihr gegenüber haben wir versucht, die Erkrankung nicht ständig zu thematisieren, sondern Gesundsein bzw. Gesundwerden in den Vordergrund zu rücken. Nach meinen OPs sind wir beispielsweise immer gemeinsam ein Stück spazieren gegangen. Zuerst konnte ich nur ein kurzes Stück gehen, aber jeden Tag haben wir es ein bisschen weiter geschafft. So hat sie gesehen, dass es mir immer besser geht.“

CED und Eltern

Frage: Wie unterscheidet sich das Leben deiner Tochter vielleicht von dem anderer Kinder?

Ellen: „Wahrscheinlich durch die besonders große Portion Aufmerksamkeit, die sie oft bekommen hat. Wenn es mir mal etwas besser ging – gut ging es mir in der Zeit meines Schubs eigentlich nie – wollte ich besondere Momente für sie schaffen. Da war manchmal dieses schlechte Gewissen: Ich konnte mit ihr nicht in den Urlaub, auf die Kirmes oder zu den Großeltern fahren. Im Rahmen unserer Möglichkeiten haben wir aber versucht, ihr alles zu ermöglichen. An Fastnacht ging es mir einmal so schlecht, dass ich wirklich fast am Boden lag. Trotzdem wurde sie von uns geschminkt und verkleidet, damit sie mit ihrer Freundin feiern konnte. Ein gutes Beispiel ist auch ihr dritter Geburtstag. Die Feier mussten wir verschieben, weil es mir so dreckig ging. Dafür habe ich ihr dann eine selbstgeschriebene Schnitzeljagd geschenkt. Aus der Geschichte ist mittlerweile ein Buch geworden: ‚Stibitze und die Krone.‘ Ich habe mir damals also ganz viel Mühe gemacht. Vielleicht, weil ich es wieder gut machen wollte. Aber die Gründe sind egal, denn sie und jedes Kind sind alle Mühen wert. Und für mich selbst waren das auch tolle Augenblicke.

Weil ich ja nicht mit ihr in den Urlaub fahren konnte, sind wir öfter in den Vergnügungspark gefahren. Das ist ein super Insider-Tipp: Die haben sanitäre Anlagen und oft sogar ein Hotel. Das waren unsere kleinen Fluchten aus dem Alltag.“

Frage: Gibt es Dinge, die du einfach nur für dich machst?

Ellen: „Ja. Ich gehe einmal in der Woche zu einer Schreibwerkstatt. Das ist mein Highlight. In diesen anderthalb Stunden bin ich keine Mama, keine chronisch Kranke, keine Ehefrau. Da geht es nur ums Schreiben. Außerdem bastle ich viel für meine ‚Feenwerkstatt‘ – noch ist das nur ein Hobby, aber vielleicht wird daraus ja einmal mehr. Rund ums Vorlesen und Basteln sind mittlerweile einige ehrenamtliche Projekte mit Kitas oder aktuell auch mit einer Apotheke entstanden. Das macht mir wahnsinnig viel Spaß!“

Vielen Dank Ellen für dieses Gespräch.

Mehr zu Ellen, ihrer Fee Stibitze und ihren weiteren Projekten findest du hier: https://stibitze.de/

 

In Teil 3 unserer Reihe „Elternsein #TrotzCED“ spricht Ellen u. a. darüber, wie ihr Mann ihr in schweren Phasen eine Stütze sein konnte. Die Interviews findest du demnächst in unserer Newsrubrik.

Sportlich #TrotzCED? – Wie körperliche Bewegung sich positiv auf die Lebensqualität auswirkt

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt 150 Minuten moderaten Sport pro Woche. Doch würde diese Regel auch für CED-Betroffene gelten? Bislang gibt es keine einheitliche Empfehlung. Vieles
spricht aber dafür, dass Sport eine positive Auswirkung auf das körperliche sowie mentale Wohlbefinden
haben kann.1 Wir wollten mehr darüber erfahren und haben mit André Vieth, Kraftsporttrainer und CEDBetroffener,
gesprochen, um nach seinen Erfahrungen und seinem Leben mit Sport #TrotzCED zu fragen.

„CED – Nicht nur ein Fall für den Gastroenterologen“ – Tipps von der Spezialistin (Teil 2)

Frau Prof. Julia Seiderer-Nack, Internistin aus München, geht im nachfolgenden 2. Teil unserer kleinen Interview-Serie auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Zusammenhang mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), wie Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU), sowie auf das Thema Impfen ein.

„Hormonelle Verhütung #TrotzCED“ – Tipps von der Spezialistin

Verhütung ist ein Thema, mit dem sich vor allem junge Frauen in besonderer Weise beschäftigen. Bei der großen Auswahl an Verhütungsmethoden ist es nicht ganz einfach, die richtige Wahl zu treffen. Wenn dann aufgrund einer Grunderkrankung wie einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) weitere Aspekte beachtet werden müssen, ist das persönliche Gespräch mit dem*der Ärzt*n ein wichtiger Schritt. 

Das nachfolgende Interview mit Frau Prof. Dr. Julia Seiderer-Nack, Fachärztin für Innere Medizin und Ernährungsmedizin und Professorin an der KSH München, hat den Schwerpunkt Verhütung bei CED. Rund 80 % ihrer Patient*innen, die sie in ihrer internistischen Praxis behandelt, leiden an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung und können sich in der Spezialsprechstunde beraten lassen.

Frage: Liebe Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack, wie alt sind Ihre Patientinnen und Patienten im Mittel, die Sie in Ihrer Praxis betreuen und welche Fragen beschäftigen Ihre Patient*innen?

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Wir haben eine gemischte Altersstruktur: Zu uns kommen viele junge Frauen (und Männer) mit CED im Alter von 16-30 Jahren mit Fragen zu Verhütung, Sexualität und Kinderwunsch; ebenso gibt es aber auch ältere Patient*innen mit CED, die unsere Praxis wegen des ganzheitlichen Behandlungsansatzes, z. B. bei Wechseljahresbeschwerden, aufsuchen. Konkret bedeutet dies, dass wir neben Diagnostik und schulmedizinischer Therapie auch die Themen Ernährungsmedizin, Naturheilkunde und Ansätze der traditionellen chinesischen Medizin in die Behandlung der CED einfließen lassen.

Frage: Was sollten Patientinnen bei der Wahl eines Verhütungsmittels beachten? 

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Nicht jedes Verhütungsmittel ist für jede Patientin geeignet. Die Pille ist eines der sichersten Verhütungsmittel und die einfache Anwendung sehen gerade junge Patientinnen als Vorteil. Der Wirkstoff wird oral eingenommen und gelangt dann über den Dünndarm in den Blutkreislauf, wodurch die empfängnisverhütende Wirkung gegeben ist. Bei CED-Betroffenen gibt es aber einige Besonderheiten, die beachtet werden müssen: Durchfall, eine beschleunigte Magenpassage, das Befallsmuster der Erkrankung und die Stärke der Entzündung können die Wirkstoffaufnahme reduzieren oder verhindern und so die Wirkung der Pille mindern bzw. sie wirkungslos machen. Inwieweit die Pille für eine CED-Betroffene geeignet ist, muss individuell entschieden werden und zusätzlich mit dem behandelnden Gynäkologen bzw. der behandelnden Gynäkologin geklärt werden. Außerdem besteht, wie auch bei anderen hormonellen Verhütungsmethoden die Möglichkeit einer Thrombose.“

Frage: Und wie sieht es mit Ovulationshemmern in Form eines Rings oder Pflasters aus?

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das kann für manche Patientinnen eine gute Alternative sein. Generell sollte man, wie gerade schon angesprochen, bei hormonellen Verhütungsmitteln jedoch beachten, dass diese mit einem erhöhten Thromboserisiko einhergehen können. Auch für CED-Betroffene kann aufgrund ihrer Grunderkrankung ein erhöhtes Thromboserisiko bestehen.“ 

Frage: Das klingt, als würde die CED-Therapie die Wahl des Verhütungsmittels einschränken…

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das kann man nicht allgemein formulieren. Bei der medikamentösen Behandlung einer Grunderkrankung wie CED, muss immer berücksichtigt werden, dass der verabreichte Wirkstoff zur Therapie der CED bestimmte Organe beeinträchtigen kann. Ein Verhütungsmittel kann unter Umständen ein Organ wie die Leber zusätzlich belasten oder sich negativ auf die Knochendichte auswirken. Das alles spielt bei der Wahl des Verhütungsmittels eine Rolle und muss bei jeder Patientin individuell berücksichtigt werden. Insbesondere wenn die hormonelle Verhütung in einer bestimmten Krankheitsphase zu einer zusätzlichen Belastung wird, ist es wichtig, den Patientinnen Alternativen aufzuzeigen. In jedem Fall sollten auch sexuell übertragbare Krankheiten und der Schutz vor ihnen Teil des Gesprächs sein.“

Frage: Bei der Verhütung sollten ja beide Partner ihren Anteil haben…

Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack: „Das stimmt. Eine Beratung über Verhütungsmethoden sollte als eine partnerschaftliche Aufgabe gesehen und die Entscheidung über die Art der Methoden von beiden Partnern gemeinschaftlich getroffen werden.“

Vielen Dank Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack für dieses Gespräch.